75 Jahre Stadtrechte – als für Dillingen eine neue Ära begann
Ein Festumzug, ein Gottesdienst, ein großer Festakt, ein buntes Rahmenprogramm an drei Tagen sowie zum finalen Abschluss ein Fackelzug mit anschließendem Feuerwerk zeugten von einem großen Ereignis, das in der Nachkriegszeit mit allen Bürgerinnen und Bürgern gemeinsam gefeiert wurde. Vor 75 Jahren, am 1. September 1949, erhielt Dillingen/Saar mit seinen damals rund 14.000 Einwohnern die Stadtrechte verliehen und wurde damit zur 12. Stadt des Saarlandes. An verschiedenen Örtlichkeiten in Dillingen feierte die Bevölkerung mit Musik, Tanz, Gesang und Sportvorführungen diesen besonderen Tag. Die Kinder bekamen in der Schule eine Brezel geschenkt und bedankten sich mit einstudierten Liedern.
„Die Regierung des Saarlandes hat unserer Gemeinde die Rechte einer Stadt verliehen. Damit beginnt für Dillingen in kommunalpolitischer Hinsicht ein neuer Abschnitt“, schrieb der damalige ehrenamtliche Bürgermeister Peter Lamar (Oktober 1946 bis Mai 1956) in einer Festschrift, die anlässlich des offiziellen Festaktes erschienen ist. Durch die Überreichung der Urkunde im Rahmen eines Festaktes besiegelte der damalige Ministerpräsident Johannes Hoffmann offiziell die Verleihung der Stadtrechte. Hoffmann war von 1947 bis 1955 der erste Ministerpräsident des damals noch autonomen, unter französischem Einfluss stehenden Saarlandes.
Der Weg hin zur Verleihung der Stadtrechte war eine gemeinsame Kraftanstrengung der Bevölkerung und der Gemeindeverwaltung. In einer für das Saarland politisch und wirtschaftlich sehr bewegenden Zeit arbeiteten die Menschen in Dillingen gemeinsam mit der Gemeindeverwaltung zielstrebig am Wiederaufbau ihrer Heimat. „Die Straßen lagen voller Schutt, kein Haus war vorhanden, welches keine Schäden hatte, kein Licht, kein Wasser, zerstörte Brücken, ein Kriegsgebiet im wahrsten Sinne des Wortes“, beschrieb Heinrich Scherer, damaliger Verwaltungsoberinspektor, in der Festschrift die Situation in Dillingen. Der Aufbau der Infrastruktur und wichtiger Einrichtungen konnten nicht zuletzt durch wichtige Entscheidungen der Gemeindeverwaltung und den Verdiensten Peter Lamars ehrgeizig und zügig vorangebracht werden. Die Schaffung privaten Wohnraums hatte der damalige ehrenamtliche Bürgermeister fest im Blick. Mit Programmen und Maßnahmen begegnete Peter Lamar den Problemen der Wohnungsnot in Dillingen. Nicht zuletzt führt die Gründung der noch heute existierenden Bau- und Siedlungsgesellschaft der Stadt auf seine Initiative zurück. „Trotz aller Not hat sich das wirtschaftliche und kommunale Leben in Dillingen stetig aufwärts entwickelt. Wenn wir weiter so zielstrebig arbeiten wie bisher, dann wird auch unsere junge Stadt wieder im alten Glanz entstehen“, schrieb Peter Lamar.
Am 12. November 1948 entschied der Gemeinderat einstimmig, den Antrag einzureichen. Peter Lamar gab „triftige und schwerwiegende Gründe“ an, die eine größere verwaltungsrechtliche Freiheit und Selbständigkeit rechtfertige, wie aus „Geschichten der Stadt Dillingen/Saar“ von Aloys Lehnert hervorgeht. Dazu zählten die römische Vergangenheit, die wirtschaftliche Entwicklung mit der Dillinger Hütte als größtem Arbeitgeber und weiteren metallverarbeitenden Betrieben. Dillingen wurde als bedeutender Verkehrsknotenpunkt genannt, als Industriegemeinde mit besten städtebaulichen Voraussetzungen sowie als eine Gemeinde mit einem reich gegliederten Schulsystem.
Knapp ein Jahr später, am 1. September 1949 erhielt Dillingen/Saar dann offiziell die Stadtrechte. In der Chronik der Festschrift steht, dass die Verleihung des Stadtrechtes an die Gemeinde Dillingen nicht einen Abschluss in der Entwicklung von Dillingen bedeute, sondern eine neue Verpflichtung für die Bürgerinnen und Bürger und die Verwaltung, „nicht zu erlahmen in der gemeinsamen Arbeit; denn Stillstand wäre Rückzug“. Die Begründungen für die Antragsstellung haben bis heute Bestand. So stellt sich die Stadt Dillingen in ihrer Weiterentwicklung heute als moderne Industrie-, Schul-, Kultur- und Sportstadt dar mit einer aktuellen Einwohnerzahl von rund 20.500.
Fotos: Stadtarchiv Dillingen/Saar
75 Jahre stadtrechte – der bürgermeister im interview
Franz-Josef Berg bekleidet das Amt des Bürgermeisters seit 20 Jahren. Kommunalpolitisch tätig ist der 67-Jährige seit mehr als 45 Jahren. Zum Jubiläum „75 Jahre Stadtrechte“ erklärt Franz-Josef Berg aus seiner Sicht die Bedeutung dieses Jubiläums, welche Verpflichtungen er in der Verleihung der Stadtrechte aus heutiger Sicht sieht und wie er als Kommunalpolitiker und Bürgermeister die Weiterentwicklung Dillingens mitgestalten und prägen konnte.
Wie sehen Sie die Stadt Dillingen 75 Jahre später in ihrer Entwicklung? Hat sich die damalige Wunschvorstellung erfüllt?
Dillingen wurde damals als wichtiger Verkehrsknotenpunkt und als bedeutender Industrie- und Wirtschaftsstandort gesehen, verbunden mit der Siedlungsform und der Einwohnerzahl waren diese Kriterien mit ausschlaggebend, dass uns die Stadtrechte verliehen wurden. Dillingen hat sich in vielen Bereichen äußerst positiv entwickelt. 1969 kam der heutige Stadtteil Diefflen hinzu. Ob in finanziell guten oder schlechten Zeiten – ich glaube, wir haben uns der Verantwortung gestellt, Dillingen mit allen Stadtteilen gut weiterzuentwickeln. So stellt sich die Stadt Dillingen heute als moderne Industrie-, Schul-, Kultur- und Sportstadt und als Stadt der Arbeitsplätze dar mit einer aktuellen Einwohnerzahl von rund 20.500.
Im Jubiläumsjahr „75 Jahre Stadtrechte“ sehen Sie Stadt Dillingen?
Dillingen hat sich in den letzten Jahren positiv weiterentwickelt und ich blicke mit Zuversicht in die Zukunft. Die Stadt bietet Familien eine gute Infrastruktur und attraktiven Wohnraum, ein hervorragendes Angebot an Kinderbetreuung und Bildung. Den Ausbau von bezahlbarem Wohnraum haben wir konsequent vorangetrieben. Das gesellschaftliche Leben in der Stadt wird getragen durch ein breitgefächertes und engagiertes Vereinsleben. Als Stadt unterstützten wir Kultur und Sport und bieten unseren Bürgerinnen und Bürgern ein abwechslungsreiches Veranstaltungsprogramm. Stolz können wir uns als Hüttenstadt im Grünen bezeichnen. Und auch hier nehmen wir gerne unsere Bürgerinnen und Bürger mit, in dem wir beispielsweise Pflanzprogramme anbieten.
75 Jahre Stadtrechte ist ein Grund zum Feiern – worauf dürfen sich die Bürgerinnen und Bürger im Jubiläumjahr freuen?
Dillingen feiert! Unter diesen Titel haben wir für das besondere Jubiläum ein vielfältiges und ansprechendes Kultur- und Sportprogramm für Jung und Alt zusammengestellt. Den Höhepunkt der Veranstaltungsreihe wollen wir mit der Bevölkerung Anfang September mit einem dreitägigen Festwochenende und einem offiziellen Festakt am und im Lokschuppen feiern. Die Bürgerinnen und Bürger dürfen sich sowohl auf etablierte Veranstaltungen als auch auf besondere Highlights freuen. Ob im Bereich des Sports mit dem Stabhochsprungmeeting oder dem B2Run Firmenlauf oder im Bereich der Kultur mit traditionellen Veranstaltungen wie das Kultur-Stadt-Fest, die Kulturbühne Innenstadt oder die Kinderkulturbühne für unsere Jüngsten. Wir haben auch einige Sonderveranstaltungen zu bieten: das Kino Open Air am Lokschuppen, eine Beach Party im Freibad und hochkarätigen Konzertveranstaltungen wie die Musikfestspiele Saar mit der Percussions-Künstlerin Adélaïde Férrière setzen besondere Akzente.